Einer Legende nach hat die Engelwurz (Angelica archangelica) ihren Namen daher, da es der Erzengel Raphael war, der die Pflanze den Menschen zeigte. Raphael gilt in der christlichen Tradition als der Schutzpatron der Kranken und Apotheker. Doch ist die Engelwurz ursprünglich aus dem Norden zu uns gekommen und wurde dort bereits vor der Christianisierung vom Menschen als Arznei- und Gemüsepflanze verwendet. Dies hat mich dazu bewogen, hier auf Spurensuche zu gehen. In dieser Zusammenfassung möchte ich das zusammengetragene Wissen darüber mit euch teilen.

„Hvonn“ nennt man die Engelwurz auf Färöisch, „Hvönn“ auf Isländisch. „Hvönn“ wird teilweise auch als „Engel“ oder „Fee“ übersetzt. Hvanna ist ein Berg in Island, Berg bedeutet auch frei übersetzt sowas wie Höhenflug. Hieraus gibt es verschiedene Wort-Zusammensetzungen wie zum Beispiel: „hvannakreppingar“ was aus der färöischen Sprache kommt und bedeutet „Magenkrämpfe die man bekommt, wenn man zu viel Engelwurz gegessen hat. Der Wortteil „Kreppin“ heißt Krise, problematischer Zustand. Hvannakreppingar ist nicht nur auf Engelwurz bezogen, sondern auf alle giftigen oder halluzinogenen Pflanzen. Der Hvannadalshnukur ist der höchste Gipfel Islands und gleichzeitig ein Vulkan. Man sagt, er sei die Höhle Grams dem Wächterhund Helheims. Ein herzliches Dankeschön an Alexandra Gertrud Ragnaröksdottir für die Hilfe bei der Übersetzung und Herleitung.

Als Bezeichnung der Engelwurz auf Schwedisch wurde mir: kvanne /fjällkvanne = Fjäll/“Berg“-Engelwurz genannt. Wobei ich hier in Übersetzungen von „fjällkvanne“ auch auf den Begriff „Bergwasser“ gestoßen bin. Also auch hier stoßt man wieder auf die Verbindung zum Berg, zur Höhe. Hier einen lieben Dank an Mona Linde für die Hilfe bei Übersetzung.  

So scheint es, dass der „neue“ Name, welcher der Engelwurz sowohl in der botanischen wie auch in der deutschen Bezeichnung gegeben wurde, in seiner Bedeutung nah bei der ursprünglichen Namensgebung in seiner nordischen Heimat liegt. Gerade diese fand ich besonders interessant, denn: „Nomen est Omen“ sagen gerade die ursprünglichen Namen einer Pflanze sehr viel über ihr Wesen und ihre Wirkung aus.

Ein weiteres interessantes Detail auf das ich gestoßen bin, ist ein Rohrblattinstrument namens Fadno. Fadno ist Nordsamisch und bezeichnet eine Art Flöte, die aus dem grünen Stängel der Engelwurz hergestellt wird. Das Wort „Fadno“ ist ein Lehnwort aus den nordgermanischen Sprachen und bezeichnet sowohl das Instrument, wie auch die Pflanze. Das Volk der Samen ist ein indigenes Nomadenvolk, das im Norden Skandinaviens beheimatet ist. Hier ein herzliches Dankeschön auch an Gabi Hackenberger, die mich auf diesen Begriff gebracht hat.  

Und hier nochmal zur Auffrischung einige Informationen zur Heilwirkung dieser engelhaften Pflanze. Als bitter schmeckendes, pflanzliches Arzneimittel verfügt die Engelwurz über eine verdauungsfördernde, krampflösende, gallentreibende, blähungstreibende sowie antimikrobielle Wirkung. Verwendet wird die Wurzel als Tee oder in Form von Fertigarzneimitteln wie zB alkoholischen Auszügen. Zu den anerkannten medizinischen Anwendungen gehört die Verwendung bei Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Völlegefühl, Magen-Darm-Krämpfen, Blähungen sowie bei Bronchitis.

In der Volksmedizin ist die Anwendung noch weit umfangreicher. So setzt man die Engelwurz nicht nur bei Verdauungsbeschwerden, sondern auch bei nervösen Leiden, Hetze, Unruhe und Ärger ein. Äußerlich angewendet wird sie bei Gicht und rheumatischen Beschwerden, als Salbe, Einreibung oder als Bad eingesetzt. Diese Anwendungsbereiche sind jedoch nicht medizinisch anerkannt.

In der Küche findet man die Engelwurz sowie deren Früchte gern in Magenbitter, diversen Likören und Schnäpsen wieder. Die Stängel der Pflanze werden kandiert als Süßigkeit gereicht.

Aber Vorsicht! Die Engelwurz gilt als schwach giftig und hat photosensibilisierende Eigenschaften. Bei Berührung mit dem Saft der Pflanze können Hautreizungen entstehen, weshalb sie auch gern mit dem Wiesenbärenklau verwechselt wird. Ebenso sind Verwechslungen mit dem gefleckten Schierling sowie dem Wasserschierling möglich, welche zu den giftigsten Vertretern der Doldengewächse gehören. Daher ist dem Laien von einer Wildsammlung der Pflanze unbedingt abzuraten. Bevorzugt verwendet man die Engelwurz aus kultivierten Beständen, wenn möglich aus dem eigenen Kräutergarten.

Auch bei einer Überdosierung oder längeren Anwendung der Engelwurz, sowie deren ätherisches Öl ist Vorsicht geboten. Es können leichte Vergiftungserscheinungen wie Störungen des Allgemeinbefindens sowie Hautreizungen auftreten. Bei längerer Einnahme sollte man auch das pralle Sonnenlicht meiden.

Engelwurzbalsam mit Wintergrün

Als Erkältungsbalsam wird Engelwurzbalsam bei Erkältungssymptomen wie Husten und Schnupfen eingesetzt. Auf Brust, Rücken und die Nasenflügel aufgetragen hat er eine wärmende, entspannende, befreiende und auswurffördernde Wirkung. Zusätzlich verfügt er über antiseptische Eigenschaften.

Verantwortlich für die Wirkung sind hauptsächlich die in der Engelwurz enthaltenen ätherischen Öle. Diese, als Balsam auf lipophiler Basis, wird meist mit anderen wohltuenden Kräutern oder ätherischen Ölen kombiniert. Möglich wären Thymian, Salbei, Mayoran, Melisse, Johanniskraut und andere wärmende Kräuter, die für Erkältungskrankheiten geeignet sind. Ich habe mich bei meinem Balsam für eine Kombination mit ätherischem Wintergrünöl entschieden.

Das amerikanische Wintergrün, bei uns auch als niedere Scheinbeere bekannt, zählt zu den Heidekrautgewächsen. Aus seinen Blättern wird durch Mazeration und Wasserdampfdestillation das ätherische Wintergrünöl gewonnen. Dieses ist in seiner chemischen Struktur der Acetylsalicylsäure sehr ähnlich und verfügt über schmerzstillende, adstringierende und durchblutungsfördernde Eigenschaften. Volksmedizinisch verwendet wird es unter anderem bei rheumatischen Beschwerden, Erkältungskrankheiten, Fieber und Kopfschmerzen.

Wer ein ätherisches Öl das erste Mal verwendet, sollte vor Gebrauch einen Verträglichkeitstest auf dem Handrücken oder der Armbeuge durchführen. Dazu wird ein Tropfen des ätherischen Öls mit einem gut verträglichen fetten Trägeröl vermischt und an besagter Stelle aufgetragen. Wenn nach einiger Zeit keinerlei Hautrötungen oder allergische Reaktionen auftreten, ist das Öl gut verträglich und kann zum Gebrauch verwendet werden. Zusätzlich sind immer die Sicherheitshinweise des Herstellers zu beachten. Desweiteren sollte man beachten, dass die Engelwurz über fototoxische Eigenschaften verfügt. Bei längerer Einnahme sollte man das pralle Sonnenlicht meiden. Außerdem ist zu beachten, dass bei einer Überdosierung oder längeren Anwendung der Engelwurz, sowie deren ätherischem Öl leichte Vergiftungserscheinungen wie Störungen des Allgemeinbefindens oder auch Hautreizungen auftreten können.

Doch nun zum Rezept. Ich habe für meinen Balsam frische, leicht angetrocknete Engelwurzwurzeln verwendet. Man kann natürlich auch getrocknete Wurzeln entsprechend verarbeiten, oder auch direkt das ätherische Öl verwenden. Als Basis für Salben und Balsame verwende ich gerne Olivenöl, da es gut nachfettet und somit gereizte Hautstellen optimal pflegt. Bienenwachs bindet die Zubereitung zu einem cremigen Balsam und schützt zusätzlich die Haut. Wer gerne vegan arbeiten möchte, kann das Bienenwachs einfach durch Beerenwachs ersetzen. Lanolin macht den Balsam besonders cremig und gut verteilbar. Außerdem unterstützt es die Hautpflege und den Hautschutz.

25 g frische, teilweise angetrocknete Engelwurzwurzel
200 ml Olivenöl
25 Bienenwachs
1 EL Lanolin anhydr.
10 Tr. Äth. Wintergrünöl

Die Engelwurzwurzel wird möglichst klein geschnitten oder grob gerieben. Wichtig dabei ist, viel Innenoberfläche offen zu legen, damit die Inhaltsstoffe gut in das fette Trägeröl übergehen können. Besonders feine Wurzelteile, bei denen sich nicht viel Innenoberfläche offenlegen lässt, eignen sich besser zum Trocknen zum Beispiel für Räucherwerk. Anschließend wird die Wurzel im Olivenöl über mehrere Stunden bei maximal 70°C ausgezogen. Dabei muss unbedingt zugedeckt, also im geschlossenen System gearbeitet werden, damit die ätherischen Öle nicht entweichen.  Ich persönlich erwärme immer wieder auf 70°C und lasse dann wieder abkühlen. Durch dieses Wechselspiel werden die Inhaltsstoffe bestmöglich ausgezogen. Anschließend lasse ich den Ansatz zugedeckt über Nacht ziehen, erwärme am nächsten Tag nochmal und filtriere das Wurzelmaterial anschließend ab, wobei ich das Öl gut ausdrücke.

Das so gewonnene Engelwurzwurzelöl wird anschließend erneut sanft erwärmt und das Bienenwachs sowie das Lanolin werden eingearbeitet, bis alle Zutaten geschmolzen sind. Anschließend nimmt man den flüssigen Balsam von der Wärmequelle. Erst in der Abkühlphase, unter 40°C wird das ätherische Öl zugetropft und gut eingerührt. Anschließend wird der fertige Balsam in Braunglastiegel abgefüllt und abgekühlt bis er fest geworden ist. Ich wünsche gutes Gelingen!

 

 

 

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