Jede gute Hausfrau kennt Powidl und weiß, der wird natürlich aus Zwetschgen gemacht. Doch kürzlich stolperte ich über eine Sendung zum Thema „böhmische Kultur und böhmische Küche“. In unserer österreichischen Küche ist der böhmische Einfluss nicht von der Hand zu weisen und viele der präsentierten Speisen waren mir schon von meiner Großmutter bekannt. Doch die Idee Powidl auch aus Äpfeln zu bereiten war mir neu und wurde sogleich von mir aufgegriffen. Vom Ergebnis möchte ich Euch hier berichten.
Das Wichtigste beim Powidl einkochen ist genug Zeit einzuplanen und Geduld zu haben. Immer wieder stößt man auf Powidl-Rezepte die nur ein bis zwei Stunden gekocht werden, oder wo Zucker zugesetzt wird. Das ist dann allerdings kein Powidl, sondern Mus oder Marmelade. Der Powidl ist natursüß durch den enthaltenen Fruchtzucker und besteht nur aus dem verarbeiteten Obst. Da ich dieses Jahr eine wahre Apfelschwemme in meinem Garten verarbeiten durfte, habe ich neben Apfelsaft, Apfelmus, Apfelkompott, Apfelkuchen und vielem mehr nun auch Apfelpowidl bereitet.
Powidl war früher ein klassisches Bauerngericht, das am Holzofen bereitet wurde. Wenn man im Spätsommer einen Überschuss an Obst hatte, musste dieses verarbeitet und für später haltbar gemacht werden. Zucker wurde grundsätzlich keiner zugesetzt, da dieser teuer war und nicht extra gekauft wurde. Die Süße und die dicke Konsistenz erreichte man durchs lange einkochen. Bei richtigem Powidl muss der Löffel in der Mitte stecken bleiben und darf nicht umfallen.
Wichtig ist auch, die richtige Temperatur zu wählen. Ein Holzofen, mit Hartholz befeuert liefert eine gleichmäßige Hitze. Dabei sollte der Topf nicht direkt im heißesten Bereich platziert werden, da sonst alles anbrennen würde. Ideal ist eine gleichmäßige Temperatur bei der nichts anbrennt, aber der Zucker im Obst langsam karamellisiert. Dies bewirkt, dass Powidl aus Zwetschgen fast schwarz wird. Powidl aus Äpfeln bekommt eine schöne karamellbraune Farbe und schmeckt nach Bratapfel.
Wer keinen Holzofen zur Verfügung hat, kann den Powidl natürlich auch am Küchenherd zubereiten. Am besten man kocht das Obst zuerst auf und wählt dann eine kleine Stufe, sodass es gleichmäßig dahinsimmert und nicht anbrennt. Auch sollte man beim Powidl einkochen nicht zu oft rühren. Meine Großmutter früher am Bauernhof stellte den Powidl immer aufs Feuer, nicht ganz zugedeckt sodass er gut eindicken konnte und nicht direkt auf die Hauptwärmequelle. Doch dann blieb sie nicht am Herd stehen, sondern ging hinaus um andere Arbeiten zu erledigen. Der Powidl konnte in der Zwischenzeit in aller Ruhe reifen. Beim ersten Versuch sollte man den Ansatz allerdings noch öfter kontrollieren um das richtige Gefühl dafür zu bekommen.
Für den Powidl habe ich frische Äpfel aus meinem Garten gewaschen, entkernt und geviertelt in einen großen Topf gegeben. Die Äpfel weiter zu zerkleinern ist in dieser Phase nicht nötig, da sie ohnehin vollständig zerkochen. Die Schale habe ich drauf gelassen, allerdings dunkle Flecken entfernt. Zusätzlich habe ich anfangs etwas Wasser zugefügt, sodass die Äpfel in der Aufheizphase nicht anbrennen. Später wenn sie weichgekocht sind, kann man sie nochmal mit dem Pürierstab weiter zerkleinern.
Der Topf kann ruhig bis zum Rand mit Äpfel befüllt werden, da sich die Masse mit der Zeit bis mindestens zur Hälfe oder weniger reduziert. Da ich ohnehin einen Überschuss an Äpfeln zur Verfügung hatte, habe ich nach einer Stunde nochmal welche dazu gegeben.
Hat man dann ein schönes, blubberndes Apfelmus, ist es wichtig die Temperatur richtig einzustellen. Der Topf bleibt nur halb zugedeckt, sodass nichts nach oben rausspritzt und die Masse langsam gut eindicken kann. Diese sollte nun ca. 10 bis 12 Stunden in mäßiger Hitze einkochen. In dieser Zeit sollte man nur selten umrühren. Am Boden des Topfes bildet sich dabei eine karamellisierte Schicht, die man hin und wieder mit dem Löffel löst und in die breiige Masse einrührt. Ebenso an der Oberfläche bildet sich eine dunkle, leicht karamellisierte Hautschicht.
Ist der Powidl soweit eingedickt, dass der Löffel in der Masse nicht mehr umkippt, sondern gerade stecken bleibt, kann man ihn in vorbereitete Gläser abfüllen. Da die Masse sehr dick ist, sollte man sie im Glas mit dem Löffel gleichstreichen, damit nicht zuviele Luftblasen entstehen. Auch sollte man möglichst heiß abfüllen um eine gute Haltbarkeit zu gewährleisten. Der fertige Powidl schmeckt sämig und süß nach Bratapfel und enthält nicht mehr soviel Fruchtsäure wie reguläres Apfelmus. Er ist eine Wohltat für den Bauch und schmeckt ausgezeichnet zu Süßspeisen wie Kaiserschmarrn oder Hirseauflauf. Besonders wenn man ein gutes Apfeljahr zu verzeichnen hat, ist er eine willkommene Möglichkeit die reichen Gaben übers Jahr haltbar zu machen. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Ausprobieren.