Balsamisch duftend betört der Muskatellersalbei derzeit in den Kräutergärten. Bereits seit dem 9. Jahrhundert wird der aus dem Mittelmeerraum stammende Vertreter der Gattung Salvia bei uns kultiviert. Erste schriftliche Erwähnungen fand der Muskatellersalbei in den überlieferten Schriften der „Materia medica“ des berühmten antiken Arztes Dioscurides im ersten Jahrhundert nach Christus. So sollen die Samen in Wein getrunken eine aphrodisierende Wirkung zeigen. Weiterst empfahl er die Samen oder das Kraut aufgelegt oder mit Wasser vermischt bei Geschwülsten und zum Herausziehen von Dornen.
Spätere Erwähnungen sind bei Hildegard von Bingen zu finden, welche den Muskatellersalbei unter anderem „mit Wasser gesotten und mit Honig getrunken“ bei Husten und Lungenleiden empfiehlt. Desweiteren solle er fröhlich stimmen, das Herz stärken, sowie bei Magenbeschwerden und Kopfschmerzen angewendet werden. Im Gart der Gesundheit wird getrocknetes Kraut des Muskatellersalbeis bei Augenentzündungen empfohlen. Bei Hieronymus Bock sind neben einer magenstärkenden Wirkung und dem Einsatz bei Geschwülsten auch erstmals Heilindikationen bei Frauenleiden erwähnt. So beschreibt er den Einsatz bei Weißfluss der Frauen, bei Unfruchtbarkeit und eine wehenanregende und geburtsfördernde Wirkung. Ebenso im Kräuterbuch von Verzasca (1678) gibt es neben den bereits erwähnten Heilindikationen Hinweise auf den Einsatz bei Frauenleiden. Das Kraut wird in Wein getrunken und verleiht diesem außerdem einen angenehmen Geschmack.
Die Anwendung des Muskatellersalbeis in Wein getrunken ist allerdings schon rund 800 Jahre früher zu finden. So widmete der Benediktinermönch, Botaniker und Dichter Walahfrid Strabo dem Muskatellersalbei in seinem Hortulus-Gedicht einen eigenen Abschnitt. Hier beschreibt er die duftende Würze des Krauts, die heute noch als Aromastoff vielseitig Anwendung findet. Erwähnungen des ätherischen Öls sind allerdings erst im 20. Jahrhundert bei Heinz A. Hoppe zu finden.
In jüngsten Standardwerken der Phytotherapie fehlt der Muskatellersalbei oftmals oder ist nur kurz, beim „echten Salbei“ (Salvia officinalis) zugeordnet erwähnt. Auch gibt es bisher keine Bewertung vom HMPC oder der Kommission E. Einzig die ESCOP hat die Anwendung des Muskatellersalbeis in der traditionellen Medizin sowie in der Aromatherapie bewertet. Hier wird eine krampflösende, entspannende und stimmungsaufhellende Wirkung beschrieben. Die Aromatherapie beschreibt desweiteren eine Linderung bei Menstruationsbeschwerden und im Klimakterium, sowie eine unterstützende, hormonausgleichende Wirkung.
Neueste Studien befassen sich ausschließlich mit dem ätherischen Öl des Muskatellersalbeis. Dieses ist besonders im aromatischen Blütenstand enthalten und steigt bis zum Ausfallen der Samen sogar noch weiter an. Desweiteren findet man im Muskatellersalbei Hydroxy-Zimtsäure, Rosmarinsäure, Gerbstoffe und Lectine. Hauptkomponenten des ätherischen Öls sind Linalylacetat und Linalool. Der enthaltene Wirkstoff Sclareol ist nur schwer wasserdampfflüchtig und wird unter anderem auch durch Extraktion aus dem kanadischen Berufskraut gewonnen. Als Duft- und Aromastoff findet es vielseitige Anwendung in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie. In klinischen Studien wurde eine signifikante zytostatische Wirkung von Sclereol bei menschlichen Leukämiezellen beobachtet.
In weiteren klinischen Studien mit dem ätherischen Öl des Muskatellersalbeis wurde eine gute antiinfektiöse Wirkung beobachtet. Desweiteren gibt es Hinweise auf eine analgetische, stressreduzierende, muskel- und gefäßentspannende und herzstärkende Wirksamkeit. In sowohl pharmakologischen wie auch klinischen Studien wurde eine Reduktion des Blutdrucks und der Herzfrequenz beobachtet. Auch interessant sind mögliche Hinweise auf ein antidepressives und anxiolytisches Potential des ätherischen Öls bei aromatherapeutischer Anwendung.
In der Aromatherapie kann das ätherische Öl auf vielseitige Weise eingesetzt werden. Neben der Inhalation ist auch eine orale Anwendung oder äußerlich durch Bäder, Kompressen, Cremes oder weiteren Zubereitungen möglich. In einer Studie zum Thema: ätherische Öle bei Wechseljahrsbeschwerden durch absinkenden Östrogenspiegel wird eine 12 bis 20%ige Ölmischung aus Muskatellersalbeiöl zweimal täglich über mehrere Wochen am Unterbauch aufgetragen um Hitzewallungen abzuschwächen.
Solche und noch zahlreiche weitere Rezepturen und Anwendungsmöglichkeiten sind in der Erfahrungsmedizin zu finden. Ich persönlich liebe es immer meine eigenen Kreationen zu finden, denn am Ende ersetzt keine Empfehlung die praktische Erfahrung. So ernte ich die oberen Triebspitzen und Blätter des blühenden, duftenden Krauts an einem heißen Sommertag. Ich ernte nie die ganze Pflanze, sondern nur so viel wie ich gerade benötige. Das Kraut wir zerkleinert und für ca. drei bis vier Wochen in ein hautfreundliches, fettes Öl eingelegt. Besonders gut geeignet sind Mandelöl oder Jojobaöl, da diese gut einziehen und den Duft angenehm aufnehmen und nicht überdecken. Dieses Ölmazerat wird später von mir für verschiedene kosmetische Zubereitungen weiterverwendet.
Ebenso beliebt ist mein Verdünnungssirup mit Muskatellersalbei. Natürlich wird dieser, wie es für einen solchen Sirup üblich ist, mit Zucker zubereitet. Wichtig dabei ist, das geerntete, blühende Kraut nicht zu kochen, sondern nur zugedeckt bis zum Sieden zu erhitzen und anschließend zugedeckt ziehen zu lassen. Durch Aufkochen würde man zuviele Bitterstoffe aus dem Pflanzenmaterial lösen, was sich unangenehm auf den Geschmack auswirkt. Anschließend nimmt man das Kraut aus der Flüssigkeit und lässt diese zusammen mit dem Zucker nochmal aufwallen. Die Faustregel für Verdünnungssirup ist 1 zu 1. Also das bedeutet 1 kg Zucker auf einen Liter Wasser. Ich persönlich nehme immer etwas weniger, also 1,5 kg Zucker auf 2 Liter Wasser. Diese Mischung ist für einen Sirup optimal. Mit der Zugabe von Zitronensäure sollte man etwas vorsichtig sein, da sich hier zuviel davon rasch auf den Geschmack und die Farbe auswirkt. Wer Zucker völlig meiden möchte oder muss, kann hier auch Xylit oder ein anderes Zucker-Ersatzprodukt verwenden, oder genießt den Muskatellersalbei einfach frisch oder getrocknet über das ganze Jahr als Tee. Ich wünsche Euch viel Spaß und eine gute Entspannung beim Ausprobieren!