In letzter Zeit sind immer wieder Stimmen laut geworden,bezüglich der Sicherheit kosmetischer Mittel. Wie in meinem letzten Kosmetikbeitrag bereits beschrieben, muss ein kosmetisches Mittel, wenn es auf den Markt gebracht wird, einer Sicherheitsbewertung gemäß der VO (EG) 1223/2009 unterzogen werden. Die Weitergabe von Rezepten, wie es hier in den sozialen Medien oft stattfindet, ist nicht reguliert.

Dennoch herrscht auch hier oft Unsicherheit. Manche Rezepte können tatsächlich aufgrund ihrer Inhaltsstoffe gesundheitliche Risiken wie Hautreizungen hervorrufen. Auch sind da oft Angaben von Wirkungsweisen oder sogar Heilwirkung zu sehen, ohne jegliche Begründung oder Wirkungsnachweis. Selbsternannte Kosmetikexperten beginnen aufgrund von Halbwissen andere Rezepte anzugreifen. Worauf bei der Sicherheit eines kosmetischen Mittels tatsächlich geachtet werden muss, ist allerdings ein sehr umfangreiches und komplexes Thema und auch Vielen, die sich schon länger mit der Herstellung von Kosmetik beschäftigen, unklar.

So wollen wir hier versuchen, zumindest einen kleinen Überblick zu schaffen. Als Beispiel ziehe ich hier, die in einem meiner Beiträge gezeigte Rahmenrezeptur 1.5 – 2013 „Hautpflegecreme, Lotion oder Gel mit hohem Anteil an aliphatischen Kohlenwasserstoffen“ (also einem hohen Anteil an Ölphase) hinzu (Siehe dazu Abb.1).

 

Noch einmal kurz zur Erklärung: eine Rahmenrezeptur ist eine Vorgabe der europäischen Kommission für kosmetische Mittel, und ist für jene die damit arbeiten, im „Cosmetic Product Notification Portal“ einzusehen. In der Vergangenheit habe ich hier in verschiedenen Gruppen bereits zahlreiche Rahmenrezepturen als Information zur Verfügung gestellt.

Betrachten wir diese Rahmenrezeptur nun einmal näher. Wir sehen eine Auflistung an erlaubten Inhaltsstoffen und deren maximal erlaubte Menge in %. Tatsächlich müssen für eine Sicherheitsbewertung sowie für die Notifizierung der Rezeptur, alle Mengenangaben in Masse-% (Genauigkeit 0,00%) angegeben werden. Achtung! Volumsangaben müssen vorher mittels der relativen Dichte in Masse umgerechnet werden. Die relative Dichte ist jeweils dem zugehörigen Sicherheitsdatenblatt des Rohstoffes zu entnehmen. Wer als Selbermacher nicht vor hat, auf den Markt zu gehen und sich somit keiner Sicherheitsbewertung unterziehen muss, wird natürlich weiterhin die üblichen Mengenangaben in g, ml, Tr, EL, TL, etc. beibehalten, je nachdem wie die Rezeptur entwickelt wurde.

Betrachten wir nun die einzelnen Rohstoffe. Für eine Sicherheitsbewertung ist es unumgänglich, für jeden einzelnen Rohstoff ein Sicherheitsdatenblatt sowie ein Analysezertifikat der jeweiligen Charge vom Hersteller anzufordern. Im Sicherheitsdatenblatt finden wir zu jedem verwendeten Rohstoff genaue Angaben zum Stoff und seiner Zubereitung, seine Zusammensetzung, seine chemischen und physikalischen Eigenschaften, mögliche Gefahren, Handhabung und Lagerung, Stabilität und Reaktivität, Toxikologie, Angaben zur Ökologie, Entsorgungshinweise, Sicherheitshinweise, Erste Hilfe Maßnahmen, Sowie Daten über Tierversuche (bei Toxikologie). An dieser Stelle bemerkt: Die Angabe bei Kosmetika „ohne Tierversuche“ ist daher nicht zulässig, da fast jeder kosmetische Rohstoff tatsächlich bereits an Tieren getestet wurde, und diese Werbeaussage somit nicht der Wahrheit entspricht.

Im Analysezertifikat findet man genaue Angaben über Gehalt, Reinheit, mikrobielle Reinheit und weitere chemische und physikalische Eigenschaften des jeweiligen Stoffes. Ein seriöser Rohstoffanbieter wird jederzeit in der Lage sein diese Dokumente für jeden seiner Rohstoffe dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Große Hersteller sind hier oft nicht nur günstiger im Preis, da der Zwischenhandel wegfällt, sie bieten ihren Kunden auch meist direkt auf der jeweiligen Homepage Zugang zu den erforderlichen Dokumenten. Weitere Infos zu zugelassenen kosmetischen Rohstoffen findet man auch in der „Cosmetic Ingredient Database“ der Europäischen Kommission: https://ec.europa.eu/growth/sectors/cosmetics/cosing_de

Beim nächsten Blick auf die Rahmenrezeptur sehen wir, dass die beiden Hauptkomponenten einer Creme, das Wasser und die Ölphase, in wirklich sehr hohen Dosen enthalten sein dürfen. Das liegt schlicht und einfach daran, dass diese Stoffe, sofern marktüblich und bekannt, wenig reaktiv sind, und tatsächlich auch in hohen Dosen für den Menschen unbedenklich. Das heißt, hier liegt es an der persönlichen Vorliebe, ob man eher eine fettigere Creme oder eine feuchtere Creme bevorzugt. Wobei hier zu beachten ist, je höher der Wassergehalt, umso mehr Feuchthaltemittel, Verdickungsmittel und Konservierungsstoffe sind notwendig.

Alkohol gelangt oft über Tinkturen oder als Konservierungsmittel in die Zubereitung. Alkohol kann die Haut reizen und austrocknen. Aber er fungiert auch als Wirkstoffzieher bei Tinkturen, sowie als Entzündungshemmer und Heiler. In der Creme dient er zusätzlich der Konservierung. Beim Auftragen auf die Haut verdunstet er zum größten Teil. In unserer Rahmenrezeptur für hautpflegende Creme liegt die erlaubte Höchstmenge von Alkohol bei 25%. Diese Höchstmenge bezieht sich auf die Summe aller enthaltenen Tinkturen bzw. Konservierungsstoffe in Form von Alkohol. Der Wasseranteil im Alkohol ist dabei jeweils heraus zu rechnen.

Auf die Zugabe von Feuchthaltemitteln, Silikonen, Füllstoffen, Polymeren und Farbstoffen verzichte ich in meinen Rezepten. Diese Stoffe dienen hauptsächlich dem Aussehen und der Konsistenz der Zubereitung. Oft sind sie petrochemischen Ursprungs und ich bin ein Freund der natürlichen Inhaltsstoffe. Aber auch das ist natürlich wieder Geschmacksache.

Auch die Zugabe von zusätzlichen Vitaminen ist nicht ganz unproblematisch. In unserer Rahmenrezeptur ist eine Gesamt-Höchstmenge von 10% in der Zubereitung angegeben. Tatsächlich muss hier jeder Stoff auch einzeln betrachtet werden. Für viele Vitamine gibt es eine empfohlene Tagesdosis sowie Höchstmenge. Bei Überdosierung können unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten. Bei einer Aufnahme über die Haut wird mit einer Permeation durch die Haut von 100% gerechnet. Hinzugezogen werden hier auch die Häufigkeit der Anwendung, die jeweils verwendete Menge, die Größe der Anwendungsfläche, das durchschnittliche Körpergewicht des Anwenders sowie der Retentionsfaktor. Für jene die sich hier näher Informieren wollen ein Link zu „THE SCCP’S NOTES OF GUIDANCE“ ab Kapitel 6-2 Seite 96: http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_sccp/docs/sccp_s_04.pdf

So empfiehlt Cosmetics Europe zum Beispiel für Gesichtscremen eine maximale Vitamin A (Retinyl Palmitat) Konzentration von 0,3% Retinoläquivalenten.

Emulgatoren sind bei 2-phasigen Zubereitungen notwendig, um eine homogene Emulsion des Öl-Wasser-Gemischs zu gewährleisten. Viele feste Öle und Wachse haben aufgrund ihrer Beschaffenheit bereits emulgierende Eigenschaften. Wenn es die Zubereitung zulässt, verzichte ich gerne auf die zusätzliche Zugabe von Emulgatoren. Als Beispiel hier das Sicherheitsdatenblatt von einem marktüblichen Emulgator (in unserem Fall: Glyceryl Stearate SE) eines beliebigen Herstellers:

http://www.ingredientstodiefor.com/files/Glyceryl%20Stearate%20SE%20MSDS.pdf

Wie wir sehen ist dieser Stoff im Allgemeinen gut verträglich, kann aber bei häufiger Anwendung leichte Hautirritationen sowie Augenreizungen hervorrufen. Die letale Dosis von Glyceryl Stearate SE bei einer Aufnahme über die Haut, liegt beim Kaninchen bei > 5000mg/kg.

Nun fehlen noch die Konservierungsstoffe in unserer Zubereitung. Konservierungsstoffe werden bei wasserhaltigen Zubereitungen verwendet, um der Keimbelastung entgegen zu wirken und so eine längere Haltbarkeit des Produktes zu gewährleisten. Wasserfreie Zubereitungen benötigen keine zusätzlichen Konservierungsstoffe. Konservierungsstoffe sind oft nicht unproblematisch und können Hautreizungen hervorrufen. In unserer Rahmenrezeptur sind sie zu maximal 2% erlaubt. Dies bezieht sich wieder auf die Summe der enthaltenen Konservierungsstoffe. Ein Beispiel: In meiner Zubereitung ist Aloe Vera Gel purum enthalten. Anhand des Sicherheitsdatenblattes des Herstellers (siehe dazu Abb.2)

 sehe ich nun, dass in diesem Rohstoff bereits Konservierungsstoffe in Form von Natriumbenzoat, Kaliumsorbat, Natriumsulfit und Zitronensäure enthalten sind. Diese sind natürlich in die erlaubte Höchstmenge von 2% zu inkludieren.

Wenn es die Rezeptur zulässt, verzichte ich auch gerne auf zusätzliche Konservierungsstoffe. Aus Sicht der Sicherheitsbewertung sind vom Gesetzgeber auch tatsächlich keine Konservierungsstoffe vorgeschrieben, wie es zum Beispiel bei Frischekosmetik der Fall ist. Was allerdings erbracht werden muss, ist natürlich eine mikrobielle Reinheitsprüfung der Zubereitung, sowie eine chemisch-physikalische Stabilitätsprüfung. Tatsächlich ist die übermässige Zugabe von Konservierungsmittel keine Garantie für eine mikrobielle Reinheit der Zubereitung! Diese kann allein durch eine entsprechende Reinheitsprüfung erbracht werden. Daher ist auch die Gesetzeslage dementsprechend darauf aufgelegt.

Die mikrobielle Reinheitsprüfung wird mittels Abklatschproben durchgeführt. Der Selbermacher verfügt hier meist nicht über das nötige Equipment, kann hier aber durch möglichst sauberes Arbeiten sowie durch das Erhitzen der Zubereitung auf 70°C zur mikrobiellen Reinheit beitragen. Desweiteren werden im Handel verschiedene Produkte zur mikrobiellen Reinheitsprüfung bei zB. Wasserproben angeboten, welche man auch in der Kosmetik verwenden kann. Besteht die Wasserphase nicht aus Hydrolaten sondern einer Tinktur, wird die mikrobielle Reinheit ebenso kein Problem sein, denn es wachsen keine Keime in hoch%igem Alkohol. Manche Anbieter von Konservierungsstoffen werben mit der Aussage: „mit diesem Konservierungsstoff ist ihre Zubereitung 6 Monate haltbar!“ Das ist tatsächlich ein ausgemachter Blödsinn und reine Verkaufsstrategie. Die tatsächliche Haltbarkeit eines Produktes kann lediglich durch Stabilitätsprüfungen ermittelt werden. Auch wenn man zuhause meist über keinen Klimaschrank verfügt, so kann man doch die Stabilität seines Produktes unter den gegebenen Bedingungen (Raumtemperatur und 60% relative Luftfeuchtigkeit) ermitteln indem man es einfach ausprobiert. Dabei ist die Zubereitung regelmäßigen Prüfungen auf Aussehen, Geruch, Farbe, Konsistenz, etc. zu unterziehen.

Nun noch ein kurzer Blick auf ätherische Öle und Duftstoffe. Ätherische Öle sind hochwirksame Substanzen und daher in kosmetischen Zubereitungen meist mit Grenzwerten belegt. Diese sind je nach verwendetem Öl einzeln zu betrachten. Sie können Haut und Augenreizungen sowie Irritationen verursachen. Viele enthalten Allergene welche gekennzeichnet werden müssen. Die Sicherheitshinweise des Herstellers sind hier zu berücksichtigen. Ebenso die Entsorgungshinweise bei größeren Mengen, da viele ätherische Öle auch umweltschädlich sind. In der Zubereitung fungieren sie nicht nur als Beduftung, sondern auch als Wirkstoff sowie unterstützend bei der Konservierung. Die vorgegebenen Grenzwerte sind auch hier einzuhalten. So kann zum Beispiel ätherisches Orangenöl oder Zitronenöl in kosmetischen Zubereitungen in einer Konzentration von bis zu 0,4% gefahrlos angewendet werden. Wer hier verunsichert ist, zieht am besten die Aromatherapeutin seines Vertrauens zu Rate.

Nun haben wir einen groben Überblick über die erlaubten Inhaltsstoffe und deren Wirkung in Bezug auf die Sicherheit des kosmetischen Mittels geschaffen. Weitere Betrachtungen die bei der Sicherheitsbewertung vorgenommen werden, sind die Möglichkeit von Wechselwirkungen einzelner Rohstoffe in der Zubereitung, NOAEL, die Berechnung des Sicherheitsabstands (Margin of Safety), natürlich auch die Anpreisung (vernünftiger und vorhersehbarer Gebrauch), mögliche Vorkommnisse, Reklamationen, Rückrufe, Warnhinweise (zB: nicht in die Augen bringen) usw. Darauf nun jeweils detailliert einzugehen, würde aber wohl den Rahmen eines einfachen Artikels sprengen. Dennoch hoffe ich, einen guten Überblick darüber geschaffen zu haben, worauf bei der Sicherheit eines kosmetischen Produktes geachtet werden muss.

 

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