Die Haltbarkeit, also die Stabilität kosmetischer Mittel ist immer wieder ein großes Thema in vielen Gruppen und bei den Selbermachern herrscht dazu oft eine große Unsicherheit. Viele unterschiedliche Aussagen zum Thema werden getroffen, was die Verwirrung meist zusätzlich verstärkt. Als Quellen werden oft nur persönliche Blogs genannt, die teilweise gute, aber teilweise auch unrichtige Informationen bieten, abhängig davon, welche Interessen den Blogbetreiber motivieren oder wie gut er selbst informiert ist.  

Mit diesem Artikel möchte ich einen kleinen Überblick zu diesem komplexen Thema aus der Praxis bieten. Die gegebenen Informationen stammen teilweise aus dem Handbuch für pharmazeutisch kaufmännische Assistenten, dem Lehrbuch für die PTA – Ausbildung in der Apothekenpraxis „Körperpflegekunde und Kosmetik“ von Sabine Ellsässer, welches ich dem Interessierten wärmstens empfehlen möchte, sowie der europäischen Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009, dem österreichischem Lebensmittelbuch und Informationen der zuständigen Behörden (AGES). So möchte ich vor allem auf die sicherheitsrelevanten Aspekte aufmerksam machen, die nicht nur für Produzenten, sondern auch für Selbermacher relevant sind.

 

Allgemein:

Wenn wir von der Haltbarkeit kosmetischer Mittel sprechen, können wir dabei in zwei Bereiche unterteilen. Zum Einen wird die chemisch-physikalische Stabilität betrachtet. Diese beinhaltet je nach Zubereitung bestimmte Parameter wie Aussehen, Farbe, Geruch, Aggregatzustand, Konsistenz, Verteilbarkeit, den pH-Wert und weitere. Diese Parameter kann man auch als Selbermacher recht einfach zuhause testen. Der zweite wichtige Punkt bezüglich der Haltbarkeit kosmetischer Mittel ist die mikrobielle Reinheit.  Die mikrobielle Reinheit muss bei allen wasserhaltigen Zubereitungen geprüft werden und gibt Informationen über die Verkeimung des kosmetischen Mittels.  Die Prüfung erfolgt in einem entsprechenden Labor oder bei laufenden Chargen auch mit geeigneten Test Skills vor Ort, und darf eine bestimmte Keimzahl nicht überschreiten. Richtlinien zu den Mikrobiologischen Kennzahlen sind in den „SCCP’S NOTES OF GUIDANCE“ unter dem Kapitel „6-4 Guidelines on microbiological quality of the finished cosmetic Product, Seite 104“ vorgegeben.

Produkte die für Kinder unter 3 Jahren vorgesehen sind, stellen eine eigene Kategorie dar und müssen gesondert betrachtet werden. Grundsätzlich sind für den gesunden Menschen nur sehr wenige Mikroorganismen krankheitserregend. Für Säuglinge, alte Menschen oder kranke Menschen deren Immunabwehr geschwächt ist, können harmlose Keime allerdings schon zu Infektionen führen. Ebenso können die Stoffwechselprodukte einiger Keime toxische oder allergische Reaktionen hervorrufen. Um diese Probleme zu vermeiden, erfordert es den Einsatz von Konservierungsstoffen, antimikrobiell wirksamen Substanzen oder einer besonderen Herstellungs- und Abpackungstechnik.

 

Rohstoffe:

Ein wichtiger Punkt bezüglich der Haltbarkeit kosmetischer Mittel sind die verwendeten Rohstoffe. Rohstoffe, die zur Herstellung kosmetischer Mittel geeignet sind, unterlaufen einem eigenen Zulassungsverfahren und müssen bezüglich ihrer Zusammensetzung und Reinheit im Labor geprüft sein. Die Angaben über ihre chemisch-physikalischen Eigenschaften sowie ihrer mikrobiellen Reinheit müssen vom Hersteller in Form eines Analysezertifikats und dem zugehörigen Sicherheitsdatenblatt belegt werden. Diese Angaben werden auch als Grundlage für die Sicherheitsbewertung herangezogen. Neue Rohstoffe müssen vor Verwendung einer Wareneingangskontrolle unterzogen werden. Neue Lieferanten müssen entsprechend qualifiziert werden.

Die Angaben am Sicherheitsdatenblatt der jeweiligen Rohstoffe liefern wichtige Informationen zur Verarbeitung der einzelnen Rohstoffe sowie zur Lagerung. Als Beispiel: Enthält eine Zubereitung fette Öle welche unter Lichtschutz gelagert werden müssen, so sollten dieselben Lagerbedingungen auch bei der fertigen Zubereitung angewendet werden. Ein weiterer wichtiger Parameter für fette Öle ist unter anderem auch der Rauchpunkt. Der Rauchpunkt eines fetten Öls bietet Informationen über die thermische Stabilität und gibt somit Richtlinien für die weitere Verarbeitung vor. Weitere Angaben über kosmetische Rohstoffe bezüglich ihrer Funktion, Beschreibung oder CAS-Nummer können auch in der Cosmetic Ingrediens Database, kurz CosIng, recherchiert werden. http://ec.europa.eu/growth/tools-databases/cosing/index.cfm?fuseaction=search.simple

Der Selbermacher verfügt hier über das Privileg auch Rohstoffe aus dem Lebensmittelbereich oder sogar aus dem eigenen Garten verwenden zu können. Wichtig dabei ist natürlich ein sorgsamer Umgang und unbedingte Sauberkeit. Es sollte vermieden werden durch Pflanzenteile Schmutz oder Rückstände von Pestiziden oder Schwermetallen in die Zubereitung zu bringen. Achtung! Die spätere Zugabe von Konservierungsstoffen hemmt zwar das Wachstum von Keimen und Pilzen in der Zubereitung, ersetzt aber NICHT die Sauberkeit bei der Herstellung oder die Reinheit der verwendeten Rohstoffe.

 

Qualifizierung von Räumlichkeiten, Arbeitsmaterialien und Mitarbeitern:

Die Räumlichkeiten in denen kosmetische Mittel produziert werden, müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Oberflächen müssen glatt und gut zu reinigen sein. Bei der Herstellung müssen Fenster und Türen geschlossen sein um Luftzug zu vermeiden, der mögliche Partikel in der Umgebungsluft aufwirbelt. Vor Beginn der Herstellung ist Schmuck abzulegen, Haare müssen zusammengebunden sein. Die Hände müssen gewaschen und desinfiziert werden. Entsprechende Arbeitskleidung ist zu tragen. Die Arbeitsmaterialien müssen für die Verwendung geeignet sein und vor Gebrauch gereinigt und desinfiziert werden. Materialien aus zB Holz sind nicht erlaubt.  Reinigungsprozesse müssen entsprechend verifiziert und validiert sein. Auch als Selbermacher kann man sich in der eigenen Küche solchen Bedingungen annähern. Ein vollständiger Hygieneplan wie er in der Praxis unter anderem im Apothekerbereich verwendet wird, kann in meinem nächsten Beitrag als gesondertes Dokument zur Verfügung gestellt werden.

 

Der Herstellprozess:

Der gesamte Herstellprozess sowie die Umgebungsbedingungen müssen festgelegt und qualifiziert sein. Abweichungen in der Herstellung sind gesondert zu vermerken und entsprechend ihres möglichen Risikos bezüglich der Produktqualität bewertet werden. Während der Herstellung ist auf unbedingte Sauberkeit zu achten. Auch bestimmte Herstellprozesse wie zum Beispiel das Erhitzen der Öl- und Wasserphase bei der Herstellung von Cremes auf mindestens 70°C (und die Temperatur für mindestens 15 Sekunden halten = Pasteurisieren!) dient der mikrobiellen Reinheit des Endprodukts. Grundsätzlich müssen kosmetische Zubereitungen nicht steril sein. Eine Zugabe von Konservierungsstoffen hemmt allerdings das Wachstum vorhandener Keime. Eine höhere Zugabe von Konservierungsstoffen wirkt zwar einerseits oft sogar keimtötend, bringt allerdings die Problematik mit sich, dass die meisten Konservierungsstoffe selbst Hautreizungen oder Allergien hervorrufen können. Dies ist vor allem bei Produkten zu berücksichtigen die in der Nähe der Augen oder Schleimhäuten verwendet werden, oder für Kinder unter 3 Jahren, alte Menschen oder kranke Menschen vorgesehen sind.

 

Konservierung:

Zubereitungen die einen hohen Wassergehalt aufweisen, wie Cremes oder Lotionen, sind bezüglich Keimbefall gefährdet. In wasserarmen Produkten mit einem hohen Ölgehalt vermehren sich Keime dagegen nur sehr schwer. Eine Lagerung im Kühlschrank vermindert zwar das Keimwachstum, hält es allerdings nicht auf. Ideale Bedingungen für Keime sind ein pH-Wert zwischen 3 -10, Temperaturen zwischen 15 und 40°C sowie ein hoher Wassergehalt und ein entsprechender Nährboden durch enthaltene Zucker, Eiweiße oder Pflanzenextrakte.

Verbraucher und Mediziner beurteilen den Einsatz von Konservierungsstoffen oft sehr kritisch. Wir kommen täglich über unsere Nahrung sowie unsere Kosmetika mit Konservierungsstoffen in Verbindung und viele davon gelten als Auslöser allergischer Reaktionen. Zusätzlich zur schlechten Verträglichkeit besteht die Gefahr, dass Keime eine Resistenz gegenüber der verwendeten Konservierungsstoffe entwickeln, weshalb viele Hersteller hier zu einer Kombination aus verschiedenen Konservierungsstoffen greifen um ein möglichst breites Spektrum abzudecken. In § 3a und Anlage 6 der Kosmetikverordnung wird der Einsatz von Konservierungsstoffen geregelt. Hier sind auch Einschränkungen und Anforderungen, zulässige Höchstkonzentrationen sowie notwendige Warnhinweise und besondere Anwendungsbedingungen einzusehen. Die empfohlenen Konzentrationsangaben des Herstellers sowie die maximal zulässige Höchstkonzentration im Endprodukt sind auch für den Selbermacher unbedingt zu berücksichtigen! Enthalten einzelne Rohstoffe bereits Konservierungsstoffe, so sind diese Konzentrationen auch im Endprodukt zu berücksichtigen.

Die Nachfrage nach Produkten frei von Konservierungsstoffen ist derzeit steigend. Vor allem für Personen die unter Konservierungsmittelallergien leiden oder leicht auf allergene Stoffe reagieren werden solche Produkte entwickelt. Unkonservierte, wasserhaltige Zubereitungen die in Cremetiegel abgefüllt werden sind allerdings nach dem Öffnen maximal für 2 Wochen haltbar und daher für den Verbraucher nicht praktikabel. Folgende Möglichkeiten für unkonservierte Produkte sind möglich:

 

  • Produkte mit geringem Wassergehalt die Waschsubstanzen enthalten, welche ebenfalls leicht konservierend wirken.
  • Die Abfüllung des Produktes erfolgt keimfrei in Spendergefäße, Tuben, oder Einmaldosisbehältnisse, so dass eine Entnahme ohne Kontamination möglich ist.
  • Kosmetika mit antibakteriell wirksamen ätherischen Ölen oder Substanzen (z.B. Teebaumöl) benötigen keine weitere Konservierung.
  • Zubereitungen mit einem pH-Wert unter 3 oder über 10 verhindern das Keimwachstum.
  • Wässrige Zubereitungen mit einem Alkoholgehalt ab 20 Vol. % benötigen keine weitere Konservierung.
  • Ein hoher osmotischer Druck aufgrund enthaltener Salze (NaCl) wirkt mikrostatisch.

 

Einige der genannten Inhaltsstoffe wie Alkohol oder ätherische Öle müssen nicht gemäß KVO als Konservierungsstoffe ausgewiesen werden, da die Hauptwirkung dieser Substanzen nicht die Konservierung selbst ist. Zu berücksichtigen ist hier natürlich, dass die Haltbarkeit der konservierungmittelfreien Produkte in der Regel kürzer als die üblichen drei Jahre ist, und das Verfallsdatum bei diesen Produkten mittels Stabilitätsdaten genau ermittelt werden und berücksichtigt werden muss.

Eine Vielzahl natürlicher Stoffe weist eine konservierende Wirkung auf und sind derzeit als antimikrobiell und möglicherweise konservierend eingestuft. Dazu gehören unter anderem Propolis (INCI: Propolis Cera), Zimtaldehyd (INCI: Cinnamomi cassia), Eugenol (INCI: Eugenol, Isoeugenol), Farnesol (INCI: Farnesol), Phenylethylalkohol (INCI: Phenetyl Alcohol) z.B. in Rosenöl enthalten, Teebaumöl (INCI: Melaleuca alternifolia) ist auch fungizid, Thymol (INCI: Thymol) in Thymian, Oregano und Bohnenkraut enthalten. Für den Selbermacher empfehle ich an dieser Stelle auch das Buch „Heilkosmetik aus der Natur“ von Myriam Veit, erschienen im KOSMOS Verlag. Es bietet nicht nur fundiertes Basiswissen zum Thema sondern auch eine Vielzahl erprobter Rezepte.

 

Stabilitätsdaten:

Jeder Hersteller ist dazu angehalten sogenannte Stabilitätsprüfungen durchzuführen. Dazu werden von jeder hergestellten Charge sogenannte Rückstellmuster unter festgelegten Bedingungen gelagert und in regelmäßigen Abständen bezüglich ihrer Haltbarkeit betrachtet. Die Lagerung erfolgt bei Umgebungsbedingungen, welche jenen bei normalem und vernünftigerweise vorhersehbarem Gebrauch entsprechen. Konkret entspricht das einer Lagerung im Originalgebinde bei Raumtemperatur (20°C) und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60 %. Für weitere Angaben können auch Stresstests im Klimaschrank bei erhöhter Temperatur und Luftfeuchtigkeit durchgeführt werden. Dieser Vorgang dient der Ermittlung der tatsächlichen Haltbarkeit einer Zubereitung und kann auch vom Selbermacher einfach durchgeführt werden.

 

Tipps für den Verbraucher:

Wer als Verbraucher und Selbermacher den Einsatz von Konservierungsstoffen in seiner Kosmetik gering halten möchte, kann neben der oben genannten Vorgehensweise bei der Herstellung auch im Verbrauch noch einige Punkte berücksichtigen.

  • Das Gebinde sollte so gewählt sein, dass es eine lange Haltbarkeit des Produkts unterstützt. Ideal sind Behältnisse die eine Kontamination bei der Entnahme verhindern. Eine Entnahme kann auch entsprechend mit einem Spatel aus Edelstahl oder Glas vorgenommen werden. Materialien wie Holz oder Pappe sind unbedingt zu vermeiden.
  • Eine gekühlte Lagerung unter Lichtschutz unterstützt ebenso die Haltbarkeit und mindert das Wachstum von Keimen.
  • Vorsicht bei Zubereitungen die ätherische Öle enthalten! Diese sollten nicht in Kunststoffgebinden gelagert werden, da sie möglicherweise mit den Materialien reagieren können. Ideal sind zum Beispiel Gebinde aus Braunglas.
  • Wer seine Kosmetik selbst herstellt sollte die hergestellten Mengen so wählen, dass sie in einem angemessenen Zeitraum verbraucht werden. Kaum ein Selbermacher benötigt eine Creme die bis zu 3 Jahren haltbar ist. Eine Haltbarkeit von wenigen Monaten scheint hier durchaus ausreichend.
  • Auch wenn sich der Einsatz von Konservierungsstoffen nicht immer vermeiden lässt, so sollte man an dieser Stelle bedenken, dass diese Stoffe nicht ohne Grunde mit sehr niedrigen Grenzwerten in der Zubereitung versehen sind! Die Auswirkungen bei einer täglichen Anwendung über mehrere Jahre können durchaus nachhaltig sein und auch wenn diese Stoffe bei der Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel gesondert betrachtet werden, so liegen derzeit oft noch nicht genügend Daten über mögliche Auswirkungen bei Langzeitanwendung vor.

 

Ich hoffe mit diesem Artikel eine gute Übersicht zum Thema geschaffen zu haben und wünsche den Selbermachern weiterhin viel Freude bei der Herstellung ihrer eigenen Kosmetik und einen verantwortungsvollen Umgang mit den dabei möglichen Risiken. Achtet bei euren Quellen auch auf den fachlichen Hintergrund. Denn allzu leicht kann es sonst passieren, dass hier der Blinde den Blinden führt.

 

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20000175&FassungVom=2005-03-09

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009R1223&from=DE

https://www.ages.at/service/service-kosmetik/kosmetikrecht/

http://www.lebensmittelbuch.at/

http://www.lebensmittelbuch.at/b-33-kosmetische-mittel/

https://www.ages.at/themen/kosmetik/spezifische-themen/bio-und-naturkosmetik/#

https://www.ages.at/themen/kosmetik/spezifische-themen/haltbarkeit/

https://www.ages.at/themen/kosmetik/verantwortliche-person/mikrobiologische-anforderungen/

https://www.ages.at/themen/kosmetik/spezifische-themen/bio-und-naturkosmetik/

http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_sccp/docs/sccp_s_04.pdf

https://dip-slides.com/kits/83-cosmetics-bacteria-yeasts-moulds-test-kit.html?fbclid=IwAR2D6GLz02Sg9H4y6Uw20NkZfpiAjz4ZWTxSVM0d1u2E6o8R15irgA0X7Ws

https://core.ac.uk/download/pdf/51448819.pdf

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inhalt-29-1997/pharm1-29-1997/

https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/tiere/zoonosen/Zoonose_74600_0201_2012_12_Merkblatt_Salmonellose__Jaenner_2.pdf?63xzp9

https://www.ikw.org/fileadmin/ikw/downloads/Schoenheitspflege/SP_Leitfaden_MQM.pdf

 

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